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Funkenflug #5: Ein.sam? Ein.Same!

Bildnachweis: Gelgas Airlangga | Pexels
Bildnachweis: Gelgas Airlangga | Pexels

HAG-Funkenflug #5, 7. Juli 2021, Input von Verena Schnitzhofer 

  • Großbritannien hat seit 2018 ein eigenes Ministerium dafür geschaffen. 
  • Das Rote Kreuz spricht von einer „Epidemie im Verborgenen“.
  • In Österreich leben 38% der Bevölkerung in Einpersonenhaushalten und kennen sie nur zu gut.

Die Rede ist von der „Einsamkeit“.

 

Wir könnten viele traurige Beispiele aufzählen, welche tragischen Spuren Einsamkeit hinterlässt. Aber heute möchte ich vorrangig schöne Beispiele (aus der Bibel und der Landwirtschaft) bringen und mich besonders eines Wortspiels bedienen. 

Ein.sam? Ein.Same.

Jesus verwendet ja oft Gleichnisse oder auch veranschaulichende Geschichten, um etwas zu vermitteln. Diese Bilder werden gut verstanden, brennen sich ein und helfen besonders in der Not, wenn man dann nicht mehr lesen will oder auch gute Ratschläge nicht mehr hören will/kann. Kennst du das?

 

Nun also zur Erklärung:

Ein.sam? Ein.Same.

Das kann man sich im Deutschen ja eigentlich wirklich gut als Eselsbrücke merken… Und unser Gehirn können wir so vielleicht ein wenig herausfordern von der Einsamkeit wegzukommen und sich dem Gedanken des „Saatguts“/Samen hinzuwenden.

 

Fangen wir mit dem bekannten „Gleichnis des Sämanns“ an:

Mk 4,3-9 (LUT)

3 Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. 4 Und es begab sich, indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen's auf. 5 Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. 6 Da nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 7 Und anderes fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten's, und es brachte keine Frucht. 8 Und all das Übrige fiel auf das gute Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach. 9 Und er sprach: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

 

Oft wird das Wachsen der Saat als Beispiel für das „Reich Gottes“ verwendet. Es ist also die aktive Verkündigung des Wortes Gottes gemeint: 

Evangelisation, Mission; den Menschen in meinem Umfeld, in der Stadt, in der Ferne, wo auch immer von Jesus zu erzählen und sie mit Gottes versöhnender Botschaft der Liebe und des Friedens zu erreichen. Es geht vorrangig um die Rettung der Seele, um Erfüllung des Herzens, um den Sinn im Leben.

Alles Ziele, die in der Person Jesus Christus gebündelt und erfüllt sind. 

Aber es steckt noch mehr drinnen.

 

Ich finde es schade, wenn wir unseren Körper, unsere menschliche Hülle, die Materie, die uns hier an diese Erde bindet – irgendwie auszublenden versuchen. Der Körper ist nicht böse oder schlecht. Gott hat ihn geschaffen! Darum fasziniert mich, wie Jesus diese transzendenten, ganz unangreifbaren, höheren Dinge auf ganz „angreifbare“, anschauliche, natürliche und klare Art und Weise erklärt. Ja, er wird sogar selbst Teil davon, indem er auf diese Erde kommt.

 

Jesus verwendet dafür simple Begriffe, die in der damaligen Lebenswelt verstanden wurden und Sinn ergaben: Begriffe aus der Landwirtschaft, vorrangig dem Ackerbau. 

 

Ich war vor wenigen Tagen am Bruderhof in Retz und recherchierte für einen neuen Artikel für das AndersLEBEN-magazin. Dort wird von der Bruderhof-gemeinschaft Biogemüsebau betrieben. Es war faszinierend zu sehen, was alles möglich ist. Ich habe vom Wachsen der Saat und der Ernte gleichermaßen gelernt.

 

Lesen wir darüber auch in Mk 4,26-29 (LUT):

Das Gleichnis vom Wachsen der Saat 

26 Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft 27 und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. 29 Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.

 

Hier steht nicht, dass alles automatisch passiert und „einfach so“ wächst. Landwirtschaft (nicht die industrielle) ist schwere, anstrengende Handarbeit, verlangt viel Einsatz, Schweiß und Zeit. Kaum einer in unseren Breiten macht heute noch alles händisch.

Der Bauer ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg. Daher ist er auch Sinnbild für Gott, weil Gott es ist, der den Samen aufgehen und wachsen lässt. Aber besonders vom Weinbau weiß man, dass der Weinbauer unnötiges Material abzwickt, damit alle Kraft in die Trauben geht, die dadurch süßer werden.

 

Der verantwortliche Gemüsebauer in Retz zog die Samen in kleinen Pflanzbehältnissen unter einem Folientunnel vor. Hier sprießen sie unter beständiger Wärme und in feuchten, optimalen Verhältnissen. Er trägt Sorge um die besten Bedingungen für die kleinen Pflänzchen. Nie ist nur ein Same in einem Becherchen, sondern immer vier. Das fand ich schon mal faszinierend. Gemeinsam gibt es erhöhte Wachstumschancen. Manche Samen sind tote Samen und es wird nichts hervorbrechen. So erhöht sich die Chance das etwas wird. 

 

Sind die Pflänzchen stark genug, werden sie mit Schnüren oder Steckerln (je nach Pflanze) gestützt oder auch lose in die großen Reihen im Gemüsegarten ausgesetzt. Der Bauer schätzt vorab ein, ob sie einen Folientunnel (für die Nacht, wo es kühler ist) brauchen oder ihnen der offene Sternenhimmel besser tut. 

Er weiß genau welche Pflanze welche Bedingungen braucht, um bestmöglich zu wachsen.

 

Das erinnert mich an die Bibelstelle, wo Jesus die Vögel und Feldblumen als Beispiel gegen „unnötige Sorgen“ anführt:

 

„Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“ (Mt 6,26; LUT)

 

„… Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.“ (Mt 6,32b; LUT)

 

Der Kosmos ist im Großen und im Kleinen ganz fein aufeinander abgestimmt. Alles wirkt zusammen: Blüten von Pflanzen ziehen mit ihrem Duft und bunten Farben Insekten aller Art an, welche sich von ihnen nähren und sie gleichzeitig bestäuben, nur so kann sich letztlich Frucht entwickeln. Bienen sind hier besonders wichtig. 

 

Am Biohof erwähnte der Bauer auch, dass sie jetzt vermehrt neben dem Gemüse mit Blumen experimentieren wollen, da diese zusätzlich Insekten anziehen sollen. Zukünftig soll eine Windschutzhecke Vögeln neuen Lebensraum bieten, auch sie sind im Ökosystem wichtig: sie lockern den Boden auf, fressen Schädlinge etc.

 

Aus dem kleinsten Samen (damals das Senfkorn), wurde eine der größten Pflanzen:

„und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.“ (Mk 4,32, LUT)

 

Jesus spricht davon, dass wir Salz und Licht sein sollen. Das sind auch lebensnotwendige Zutaten für Wachstum. Der Boden sollte nicht „übersalzen“ sein, aber ohne die benötigten Mineralstoffe, die Kraft geben und gewisse Prozesse starten, kein Wachstum. 

Ohne (Sonnen-)Licht brechen die Samen nicht aus ihren harten Hüllen. 

Auch würde es ohne Wasser kein oder nur kaum Leben geben. 

Wir Menschen bezeichnen Jesus daher als die lebensspendende Quelle, das Wasser des Lebens. 

So sind alle diese Faktoren wichtig, bis es irgendwann zur Ernte kommt.

 

Mein Gebet ist, dass du dir in deiner Einsamkeit bewusst wirst, dass „einsam zu sein“ an sich nichts Schlechtes oder Tragisches ist. Lediglich der Umgang damit gibt den Ausschlag in deinem Leben.

Jesus zog sich oft bewusst in die Einsamkeit zurück, vorrangig um z.B. „auf dem Berg“ zu beten. Er suchte die Intimität und das intensive Gespräch mit seinem Vater im Himmel. Diese Zeit war (auch für ihn) eine Neuausrichtung, eine Vorbereitung, eine Vertiefung, eine Segenszeit der Nähe und Gemeinschaft. 

 

Als Christen haben wir den Vorteil, dass wir auf dieses Angebot Gottes stets zurückkommen dürfen. Wir sind de facto nicht allein.

 

Aber Gott freut sich auch, wenn wir Gemeinschaft mit anderen Gleichgesinnten (Samen) haben, damit wir nicht alleine in einem Töpfchen darben, sondern uns gemeinsam Halt geben, wachsen und sich dann noch mehr an uns laben können.

Ja, mein Gebet ist, dass wir Lebensraum für unser Umfeld werden/schaffen und so mit unserem Leben einen Unterschied in unserer Nachbarschaft, in unserer Arbeit und in unseren Beziehungen mit unseren Mitmenschen machen.

 

 

Fragen für die Kleingruppe:

In welchen Bereichen fühlst du dich besonders einsam und wo könntest du ein Same für eine schöne Ernte/Aktivität werden/sein?

Welches Bild von Jesu Gleichnissen hilft dir? Ist dir wichtig?

Wie gestaltest du einsame Zeiten? Welche Methoden hast du entwickelt?

Welche Tipps willst du anderen weitergeben?

Warum ist Gemeinschaft so wichtig? Wie erlebst du das?